Dienstag, April 05, 2005

Das Knast-Experiment

Das Schlimmste ist nicht der Fraß, nicht der Dreck, es sind auch nicht die anderen Häftlinge. Das Schlimmste, sagt Jan De Cock, ist die Isolation. Der Belgier hat sich ein Jahr lang freiwillig einsperren lassen: in 66 Gefängnissen dieser Welt.

Der Tagesspiegel widmet ihm einen Artikel
Was Anarchie hinter Gittern bedeutet, erlebte Jan De Cock in Südamerika. Er ist schon monatelang unterwegs, als er das Gefängnis von El Pavón betritt, ein wenig außerhalb von Guatemala-Stadt. Er geht allein, denn der Direktor, Don Aparicio, traut sich schon seit zwei Jahren nicht mehr hinein zu seinen 1300 Gefangenen. „Ich habe Angst“, sagt Don Aparicio, „da drin herrscht eine Junta.“

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Calderón heißt der Mann, der seine Schulden nicht bezahlt hat. Nichts ahnend läuft er den Sandweg entlang, als plötzlich vier Männer über ihn herfallen, ihn knebeln und fesseln. Zwei fassen seine Arme, zwei seine Beine, dann nehmen sie Schwung mit dem Körper und werfen ihn in den Elektrozaun, der die Rosenbeete umgibt. Jan De Cock sieht nur wenige Meter von sich entfernt, wie die Funken stieben und der Mensch als Toter auf den Boden fällt.
Da muss man sich schon fragen, ob die Vorteile einer Isolationsstruktur bisweilen nicht deren Nachteile aufwiegen. Auch in deutschen Untersuchungshaftanstalten ist man mit einer Einzelzelle und der damit verbundenen Einsamkeit sicher besser bedient als mit einer zwangweisen "Einordnung" in die vorherrschenden Strukturen. Die finanzielle Ausstattung lässt offenbar einen effektiven Schutz der Gefangenen vor einander nicht zu.

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